Steinadler sind heute in der gesamten EU geschützt. Auch in Bayern darf die Art nicht mehr bejagt werden. Das ist ein großer Erfolg und hat maßgeblich zur Erholung der Bestände in den Alpen beigetragen. Trotzdem drohen dem Steinadler auch heute noch weitere Gefahren.
Aufgrund der hohen menschlichen Siedlungsdichte und der starken Freizeitnutzung ist der Steinadler vielerlei Störungen ausgesetzt, sowohl in seinen Horst- als auch in seinen Jagdgebieten.
Viele Steinadlereviere sind stark durch menschliche Aktivitäten beeinflusst. - Störungen drohen ihm sowohl am "Boden" als auch im Luftraum. Neben den Jagdflächen sind besonders die Horststandorte sehr störungsanfällig.
Ein wichtiges Kriterium für das Ausmaß an Störungen im Horstbereich ist die Erreichbarkeit durch den Menschen. Einige Horste lassen sich ohne technische Hilfsmittel bis in unmittelbare Nähe begehen - während andere selbst für erfahrene Alpinisten fast unbegehbar sind.
Bei guter Erreichbarkeit können verantwortungslose Fotografen, Filmer oder Naturbeobachter ein großes Problem für die Brüter darstellen. Hier gilt des dann, den Zugang zu den Horsten mit z.B. Einrichtung von Wildschutzgebieten zu verhindern - und diese Regelung zu kontrollieren.
In Zusammenarbeit mit der Bayerischen Vogelschutzwarte Garmisch und der Bundeswehr konnten wir erreichen, dass besetzte Steinadlerhorste von Hubschraubern im Abstand von 1km umflogen werden. Diese Regelung, die von uns stichprobenhaft kontrolliert wird, erweist sich als äußerst positiv. So können unnötige, massive Störungen in Horstnähe verhindert werden.
Ähnliche Regelungen werden teilweise auch in Kooperation mit Gleitschirm- und Drachensportverbänden durchgeführt. Es geht hierbei nicht um grundsätzliche Einschränkungen dieser Sportarten, sondern um konstruktive Maßnahmen in Absprache mit den jeweiligen Interessensgruppen an den wenigen besetzten Horststandorten (im Allgäu durchschnittlich nur 3 pro Jahr).
An einem Felsstandort wurde auch durch eine sehr positive Kooperation mit dem Klettersport eine Regelung getroffen, welche in ihrer Umsetzung vom LBV begleitet wird.
In einigen Revieren zeigen sich ernste Anzeichen für Nahrungsknappheit. Wenn z. B. Alpensalamander und Maulwurf im Horst liegen, ist zu befürchten, dass die Reviervögel zu wenig geeignete Nahrung erbeuten konnten.
Fakt ist, dass seit mehr als 10 Jahren die Schalenwildbestände zum Schutz des Bergwaldes im Allgäu drastisch reduziert wurden. Nicht alle Adler konnten offenbar diese Veränderungen des Nahrungsspektrums kompensieren: So wurden z.T. ganze Bergmassive als Revierflächen aufgegeben, wo ein Totalabschuss durchgesetzt wurde.
Unsere Untersuchungen zeigen, dass Steinadler sehr schnell abgestürzte Rinder und Schafe als Nahrungsquelle nutzen können.
In diesem Zusammenhang schlagen wir eine Modifizierung des Tierkörperbeseitigungsgesetzes vor. Warum müssen abgestürzte Tiere an abgelegenen Stellen mit dem Hubschrauber zur Tierkörperbeseitigungsanlage ausgeflogen werden?
Gerade in Gebieten mit geringem Schalenwildbestand wäre es wünschenswert, die rechtlichen und veterinärmedizinischen Gegebenheiten zu prüfen und eine mögliche Ausnahmeregelungen einzuführen. Dem Steinadler wäre dadurch sehr geholfen - wie auch Bartgeier, Kolkrabe und anderen Aasverwertern
In den letzten Jahren sind vermehrt Adler mit Bleivergiftung gefunden worden. Belegte Fälle gibt es nicht nur aus Bayern sondern auch aus anderen Bereichen der Alpen, wie z.B. aus Österreich.
Zu Bleivergiftungen bei Steinadlern kommt es in erster Linie durch die Aufnahme, mit bleihaltiger Munition geschossener Kadaverreste. Nach der Jagd wird oft der der Aufbruch von erlegtem Wild, (z. B. Gemse oder Rothirsch) in der Natur zurückgelassen. Diese Tragen oft Reste von bleihaltiger Jagdmunition in sich und stellen damit eine Gefahrenquelle für aasfressende Greifvögel, wie dem Steinandler dar.
Darüber hinaus stellen auch angeschossene Tiere, welche Anteile von bleihaltiger Munition enthalten können eine potentielle Gefahr dar, wenn sie später vom Steinadler erbeutet werden.
Ein erhöhtes Vergiftungsrisiko besteht vor allem im Winter, wenn Steinadler viel Aas zu sich nehmen. Hierbei sind insbesondere die noch unerfahrenen Jungvögel gefährdet, da sie sich zu einem hohen Anteil von Aas ernähren.
Die Anzahl der tatsächlichen Opfer dürfte noch wesentlich höher liegen als die Anzahl der bisher gefundenen Adler vermuten lässt, zumal die meisten toten Adler in den unwegsamen Alpen nur schwer zu finden sind.
Beim Seeadler ist die Vergiftung mit Blei in Deutschland die größte, nicht natürliche Todesursache. Sie macht bis zu 27% aller untersuchten Todesfälle aus.
Neben See- und Steinadler sind auch andere aasfressende Vogelarten wie z. B. Rotmilane, Mäusebussarde oder Kolkraben davon betroffen.
Um diese Todesfälle in Zukunft zu verhindern ist ein Verbot bleihaltiger Munition erforderlich, wie es in einigen Ländern Europas (z.B. Niederlande) und in manchen Regionen der USA schon umgesetzt ist.